WO IST OSTEN? MONOLOG NR.1
Eine Einleitung in die Erfahrung des Bürgerkrieges
Autorin und Darstellerin Natalya Vorozhbyt Regisseur Georg Genoux
Seit eineinhalb Jahren reist Natalya Vorozhbyt durch die Kriegsgebiete in der Ukraine.
Natalya Vorozhbyts Selbstverständnis als Frau wird durch diesen Krieg erschüttert. In
diesem Monolog versucht sie ihre Rolle als Frau neu zu definieren und lässt dabei
Stimmen aus dem Osten der Ukraine zu Wort kommen, die zu dieser Transformation
führten: Ukrainische Soldaten, die den Flughafen in Donetzk verteidigten. Sie entdeckt ihre
Liebe zu ukrainischen Soldaten und nur ihre Ironie und beißender Humor kann sie dabei
retten.
Natalia Vorozhbyt beauftragt ein Drehbuch über den Kampf im Donezker Flughafen zu schreiben. Damit setzten sich ihre Fahrten in den Osten der Ukraine fort. Es kam zu Begegnungen mit Kriegern und dem Krieg. Plötzlich
stellte sich für sie die Frage, die sich jetzt viele Ukrainer stellen: Wer sind diese Männer,
die die Waffen in die Hand nahmen? Kann man sich in einen von ihnen verlieben?
WO IST OSTEN? ist ein Projekt von Theatre of
Displaced People und Democracy.doc.
Gefördert durch das Projekt „Szenenwechsel“
des Internationalen Theaterinstituts (ITI) und der Robert Bosch Stiftung.
Wo ist Osten? hatte am 28.10 2015 im Theatre of Displaced People in den Dovzhenko Studios in Kiew in der Ukraine Premiere.
Monolog Nr. 1 hatte am 01. und 02. April 2016 am Maxim Gorki Theater in Berlin Deutschlandpremiere.
Es folgten Vorführungen am 25. September 2016 am Vienna Humanities Festival in Wien und am 05. Mai 2017 im Rahmen des Heidelberger Stückemarktes.
Kurator und Dramaturg Uwe Gössel über das Projekt Monolog Nr.1 am Maxim Gorki Theatre in Berlin:
"Liebe Natalya, lieber Georg........
Mich hat Eure Arbeit schwer beeindruckt. Stark fand ich den Gegensatz zwischen der Leichtigkeit, wie du Natalya die Geschichte einer Frau, die für ein Drehbuch recherchiert, einführt, wie Du das selbst performst und gleichzeitig ist das ein hammerharter Hintergrund. Der Krieg. Die Soldaten. Und in diesen Gegensatz hinein gibt Du mit großer Offenheit die Erzählung, wie die Frau die Soldaten plötzlich auch sexuell attraktiv findet. Da ist die Scham der Figur, das Leid des Krieges und die Rafinesse der Erzählung zusammen mit der schlichten Form der Inszenierung. Alles wird aufs Spiel gesetzt: die Gewissheiten der Figur, die Frage danach wie man ein Drehbuch schreibt, aber auch wie man so was spielt. Und es geht noch weiter, selbst die Zuschauer müssen ihren Teil leisten, müssen ihre sichere Position aufgeben und sich selbst aufs und ins Spiel setzen, ganz konkret. Tatsächlich wollte ich nicht da unten auf der Bühne sitzen, ich hätte mich auch nicht filmen lassen wollen ohne gefragt zu werden, mir war die Camera fast übergriffig vorgekommen und aus meiner Sicht war dieses Mittel gar nicht nötig und schoss einfach nur über das konzeptionelle Ziel hinaus. Aber geschenkt, es war wirklich ein starkes Stück Theater. Ich wünsche Eurer Aufführung noch viele Zuschauer. Und Natalia, du machst das fabelhaft, glaub mir."
Natalya Vorozhbyt ist eine der führenden Ukrainischen Dramatikerinnen, Szenaristinnen
und Kuratorinen. Ihre Theaterstücke wurden in viele Sprachen übersetzt, in der Ukraine
und in vielen Ländern inszeniert, wie z:b. an der Royal Shakespeare Company und Royal
Court in London. Seit 2015 ist sie Kuratorin des Theatreprogramms des GOGOLFEST in
Kiew und des Forums DonCult in Kharkov und Lwow. Natalya Vorozhbyt ist eine der
Mitbegründerin der Bewegung für Neue Dramatik in der Ukraine. Ihr
Dokumentartheaterstück „Die Tagebücher des Maidans“ gillt als eines der wichtigsten
Dokumente der Ereignisse auf dem Maidan. Seit 2015 ist sie zusammen mit Georg
Genoux Künstlerische Leiterin des Theatre of Displaced People in Kiew.
Georg Genoux ist Regisseur und Kurator. Er ist Mitgründer des Teatr.doc und Joseph
Beuys Theaters in Moskau. Seit 2003 hat Georg Genoux mehr als 80 Theaterprojekte in
Osteuropa inszeniert oder kuratiert, von denen viele zu internationalen Festivals
eingeladen wurden. U.a wurde sein interaktives Projekt KRISE 2012 am Theater Hebbel
am Ufer im Rahmen der 7. Biennale für zeitgenössische Kunst in Berlin gezeigt. 2012
entwickelte er im Rahmen der Joseph Beuys Ausstellung in Moskau die Inszenierung des
Textes Aufruf zur Alternative. Er leitet seit 2006 das internationale Theaterprojekt Demokratie.doc, das in Osteuropa an interdisziplinären Fragen mit dem Schwerpunkt
Demokratie arbeitet. Dabei arbeitete er zusammmen mit dem Goethe Institut, dem
Sakharov Museum Moskau, dem Memorial Zentrum Russland, dem Staatlichen
Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst (NCCA) in Moskau, dem Replika Theater und
dem „Redhouse Zentrum für Kultur und Debatten“ in Sofia. Seit 2015 ist Georg Genoux
Künstlerischer Leiter des Theatre of Displaced People in Kiew. Für seinen Film School #3 erhielt er 2017 den Grand Prix der Internationalen Jury des Programms Generation 14+ der 67th Berliner Filmfestspiele (Berlinale).
Theatre of Displaced People entwickelt seit Januar 2015 in verschiedenen ukrainischen
Regionen Theaterprojekte und soziale Initiativen.
Seit Oktober 2015 hat es seine eigene Spielstätte in den Dovzhenko Filmstudios in Kiew -
traditionsreicher und momentan unabdingbarer Ort für die ukrainische Kultur - mit
Unterstützung der Deutschen Botschaft.
Im Dezember 2015 kürte die gazeta.ua das Theater zur "Wichtigsten Errungenschaft des Ukrainischen Theaters 2015.
.2015, 2016 und 2017 reisten die Projekte des Theaters in viele
europäische Städte.